Die Abende im Oktober können frisch sein, selbst im kroatischen Pula. Wer darauf vertraut, dass in Kroatien eh immer Sommer ist, kann sich leicht verkühlen. Da waren gottseidank noch ein paar Geschäfte geöffnet, in der Nachsaison, und in einem davon habe ich eine leichte Jacke erstanden, gerade richtig für den Abend.

Die Jüngeren unter uns kennen sie vielleicht gar nicht mehr – die „Übergangsjacke“. Sie war das Symbol für den beginnenden Frühling und das erste Zeichen für den Herbst. Jung und Alt trugen sie wochenlang. Doch seit vielen Jahren springt der Winter innerhalb weniger Tage auf Sommer um, und genau so flott wechselt der Sommer zurück zum Winter. Das Klima wandelt sich immer schneller, und das Wetter gibt uns kalt-warm. Frühling und Herbst sind nahezu verschwunden. Die Klimaerwärmung setzt den Gletschern zu, den Wäldern, den Seen und den Menschen.

Auf „kalt-warm“ haben sich auch viele Diskussionen verkürzt. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Alles ist entweder pro oder kontra, schwarz oder weiß, es gibt keine Grautöne mehr. Auch wir NGOs erleben das immer öfter, Menschen sind entweder für unser Engagement, oder sie sind komplett dagegen. Dabei wäre es so hilfreich und so lehrreich für beide Seiten, die Diskussionen abseits der Extreme zu führen. Hitzige Gemüter könnten ein wenig abkühlen, kalte Gemüter sich ein wenig erwärmen.

„Da vertragt ma scho a Jackerl“ hat meine Großmutter immer im Oktober gesagt. Die Übergangsjacke muss wieder her, und mit ihr die Zwischentöne, die Grautöne, die Übergangstöne – dann klappt’s auch wieder mit unseren Diskussionen.

Wolfgang Martinek, MAS
Geschäftsführer | NPH Österreich